Swiss Alpine Marathon 2003

Irgend einmal gegen Ende des letzten Jahres hatte der Schreibende die Idee, es wäre an der Zeit wieder einmal mit einer Mannschaft am Swiss Alpine Marathon teil zu nehmen. Im Februar 03 stand das endgültige Team. Mit Mark Kaufmann als Biker, Dino Roguljic als Inliner, mit Wolfi Möhrle am Berg, Robi Schmidlin als Talläufer und mit Luki Thalmann als Schlussmann hatten wir unsere «Hampfele» Athleten zusammen. Eines der Ziele wären gemeinsame Trainings gewesen. Doch die Formulierung des vorhergehenden Satzes entbindet mich jeder weiteren Erklärung. Individuell gut vorbereitet traten wir also am Freitag 25. Juli voller Zuversicht die Reise ins Bündnerland an.

Bereits die Anreise mit dem ÖV ist eine Story wert. Nachdem nun auch Luki wusste, dass Emmenbrücke inzwischen 2 Bahnstationen hat versuchten wir ihm glaubwürdig zu machen, dass er neben dem Schlussabschnitt auch den Part von Mark übernehmen müsse… Sein breites, schelmenhaftes Lachen kehrte wieder zurück, als er im Bahnhof Luzern Mark mit Bike und Rucksack erblickte. Übrigens genau wegen diesem Lachen wurde Luki als Schlussläufer angeheuert, denn im Ziel werden immer Pressefotos geschossen und da wollten wir natürlich brillieren. Dazu später! Unsere Reise nähert sich langsam dem Höhepunkt. Thalwil, umsteigen bitte. Ab jetzt ist Pfeffer in unserer Zugsfahrt. Ein sichtlich erregter Zugskontrolleur will Mark oder besser gesagt dem Bike von Mark den Zutritt in den IC Hamburg-Mailand verweigern. Das laute und forsche Auftreten des Uniformierten lässt den sonst so coolen Mark einen kurzen Augenblick wanken. Doch jetzt war Entschlossenheit gefragt, denn der Zug begann zu rollen. Trotz lautstarkem Verbot wurden 2 Bikes (das Zweite von einem jungen Studenten) in den Vorraum des Waggons gezerrt. Wolfi meinte, im fahrenden Zug lässt sich viel leichter mit dem Schaffner diskutieren. In der Zwischenzeit wurden die beiden Objekte des Anstosses ausser Sichtweite in der Zugstoilette verstaut; IC sei Dank, diese Geräumigkeit, schon erstaunlich! Der sich zu uns durchgekämpfte scweisstriefende Bahnangestellte entschuldigte sich erst einmal für sein forsches Auftretten und bat uns in Zukunft im Vorfeld einer Reise mit Fahrrädern genauere Informationen einzuholen. Womit Wolfi wieder einmal Recht behielt. Ganz alle Probleme waren natürlich nicht aus der Welt geschaffen. Schon bald wollte ein nichts ahnender Passagier sein Geschäft verrichten. Dieser hielt mit weit geöffnetem Mund einige Sekunden inne, ehe er im nächsten Wagen sein Glück versuchte. Der Zweite Kunde nahm die Angelegenheit easy, stellte die Bikes kurzerhand um und alle nachfolgenden Gäste konnten ungehindert ihre Sache erledigen. In den kommenden Tagen sollte uns aber leider ein leicht beissender Duft in die Nasen stechen, wann immer Mark mit seinem Bike auftauchte…

Ankunft in Davos. Zielstrebigen Schrittes ging es Richtung Starnummerausgabe im Kongresszentrum. Nach 1o Minuten Fussmarsch mit Sack und Pack wurden erste Fragen nach dem genauen Standort dieses Hauses laut ausgesprochen. Nach weiteren 1o Minuten standen wir inmitten anderer Teilnehmer/innen und lassen uns Startnummern, Mannschaftsbändel und für jeden Mitmachenden einen Sack mit vielen sehr nützlichen Müsterchen aushändigen. Der absolute Renner dieses Jahr war und ist der Biobiber! Nachdem Mark auch noch seinen Nachnamen individuell angepasst hatte, ging’s kurz ins Hotelzimmer und anschliessend in die Pastaparty-Warteschlaufe im Davoser Eisstadion. Da ging die Post ab! Hauptsponsor Coop präsentierte sein neustes Sortiment im Bio-Bereich. Brasilianisches Natura Beef! Zu Sambarhythmen, Hörndli, Tomatensauce und Reibkäse versuchten vier heissblütige Tänzerinnen und zwei Tänzer Stimmung in die Eis-Bude zu zaubern. Es blieb beim Versuch. Die anwesende Läuferschaft interessierte sich definitv mehr für die Kohlenhydrate auf ihrem Teller. Zum Dessert verabreichte unser Teamarzt Wolfi jedem eine Portion Gummibärchen «ist gut für die Gelenke» Zitat Dr. Möhrle. Nach einem kurzen Dorfbummel zogen wir uns schon bald in die Federn zurück, galt es doch am Samstagmorgen zeitig auf zu stehen.

Für Talläufer Robi bedeutete das um 5.oo Uhr frühstücken, um rechtzeitig bei den Transportmitteln zu sein, welche die Team-Talläufer nach Chants führten. Leider zeigte sich schon bei diesem Frühstück, dass es um die Solidarität und Chemie in unserem Team nicht zum Besten bestellt war! Bei einer Mannschaft dürfte man doch mindestens erwarten, dass solch schwere Lose gemeinsam getragen werden und nicht hemmungslos 1.5 Stunden weiter geschlafen wird! Biker Mark wollte nichts anbrennen lassen und stand rund 3o Minuten vor dem Startschuss auf der Startlinie bereit. Als kurz vor 8.oo Uhr der Starter die 171 Biker/innen auf ihre Reise schickte (29,4 km, +360 m/-960 m) war nur noch das Surren der Pneus zu hören. Die Schlaufe durch Davos war für die Vordersten der reinste Höllenritt. Abgeschürfte Haut an der Wade von Mark zeigte mit welch harten Bandagen da gekämpft wurde. Glücklicherweise gab es keine schlimmeren Stürzte, so dass Mark als ausgezeichneter 25. an Dino übergeben konnte. Apropos übergeben: nach seinen 11,8 km und den nahrhaften 42o Höhenmetern war Dino nahe daran, so hatte er sich auf seiner Inlinerstrecke «ausgekotzt». Eines war klar, Dino wollte auch nach seiner Leistung (3o beste Zeit) am Abend ein Zeichen setzten. Entgegen dem allgemeinen Sommertrend – möglichst braun sein, erschien er deshalb käsebleich zum Nachtessen. Zurück zum Wettkampf. Jetzt musste Wolfi, der den Mannschaftsbändel von Dino übernommenen hatte, den Berg hoch. Die Strecke führte von Bergün zur 13,9 km entfernten und 1350 Meter höher gelegenen Keschhütte. Sichtlich motiviert von der fantastischen Bergwelt lief Wolfi eine Topzeit und war als 19. zudem der Teamleader von der LC Emmenstrandequipe. Robi hatte nun als nächster Läufer eine Berg- und Talfahrt vor sich. Nicht nur topografisch sondern auch emotional ging es beim ihm auf und ab. Von der Keschhütte hinunter zur Alp Funtauna konnte Robi der Verlockung, möglichst viele, der vor ihm laufenden Konkurrenten zu überholen nicht wiederstehen. Diesem forschen Tempo musste Robi im Aufstieg zum Scalettapass und dem folgenden Abstieg hinunter zum Dürrboden Tribut zollen. Entsprechend war er nach den 12 km und +400 m –1200 m, mit der Rangierung in der Einzelrangliste als 54. nicht glücklich. Mehr als glücklich fühlte er sich, als ihm Luki, der ausgeschlafene Schlussläufer, den Bändel abnahm. Während sich Luki mit grossen, schnellen Schritten dem Ziel in Davos näherte, war sich Robi nicht sicher ob er die Forellen im Bergbach füttern solle. Die 14.5 km lange Schlussstrecke von Luki mit einem Gefälle von 520 Metern kann man als geschenkt bezeichnen. Dies war jedenfalls die Meinung eines deutschen Teams, welches am Sonntag im selben Zugsabteil unterwegs nach Hause war. Dieser Feststellung konnten sich unsere Teammitglieder mit Ausnahme von einem durchaus anschliessen. Wie Eingangs erwähnt sollte Luki beim Zieleinlauf sein «big smile» aufsetzten, doch nach einem so tollen Lauf, 28. Rang und einer Zeit unter einer Stunde, was sein grosse Ziel war, fehlte ihm wohl die Kraft zum lachen.

In der Zwischenzeit, war es 16.oo Uhr und unser Team wieder komplett am vereinbarten Treffpunkt in Davos. Es wird eifrig über das Erlebte, das Wohlbefinden und sonstige Schauermärchen berichtet. Bei der Siegerehrungen bewundern und beklatschen wir die Leistungen der Athleten/innen welche diese Strapazen 78.5km +/- 2320 m alle geschafft haben. Chapeau! Währenddessen machte sich Mark schlau und konnte unsere Platzierung in Erfahrung bringen. In der Schlussabrechnung belegten wir mit einem Rückstand von etwas mehr als einer Stunde den schönen 24. Rang.

Nun galt es sich für den Abend flott herzurichten. Nach dem obligaten Mannschaftsfoto, einer ausgiebigen Dusche, einem kurzen Nickerchen sollte etwas Warmes in die Mägen und der Hüftspeck aufgefrischt werden. Beim feinen und gemütlichen Nachtessen wurde der ganze Tag nochmals «durchlaufen» und alte Geschichten machten die Runde. Beim Essen bewies Wolfi einmal mehr seinen wohlwollenden Charakter, indem er grosszügigerweise das erste von zwei gleichen Menus seinem Kollegen überlies. Das ist sicher nicht selbstverständlich, wenn man bedenkt dass Mark in der Zwischenzeit bereits seine Supplement-Leberli genoss und Wolfi immer noch auf feste Nahrung harrte. Aber wie meinte Wolfi: «Ech ha no Resärfe!» Dass in dieser Runde viel gelacht wurde versteht sich, doch beinahe Bauchkrämpfe löste der Ausdruck «Seckuchue» aus. Wer übrigens eine Idee hat, was damit gemeint ist, kann seinen Vorschlag im Gästebuch eintragen.

Mit einem gemeinsamen Frühstück und der anschliessenden Heimfahrt endete ein wunderschönes Wochenende. Wir sind überzeugt, das war erste der Anfang.

Robi Schmidlin